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Neurogene Entzündungen

Neurogene Aspekte der allergischen Entzündungsreaktion

Historisches

Die Zunahme allergischer Erkrankungen in den letzten 2 Jahrzehnten hat den Aspekt neurogener Impulse bei der allergischen Entzündungsreaktion wieder neu belebt, dies um so mehr, als durch die moderne Psychosomatik allergische Erkrankungen, insbesondere auch der Atemwege und der Haut, häufig auf psychogene Einflüsse zurückgeführt werden. Die Auseinandersetzung mit diesem Thema hat zur Voraussetzung die detaillierte Kenntnis der nervösen Versorgung und Regulation der Atemwege und der Haut zu betrachten und eine Analyse der Beeinflussung des Immunsystems und der daran beteiligten kompetenten Zellen vorzunehmen, da die allergische Entzündung primär als antigenabhängiges immunologisches Geschehen anzusehen ist.

Bereits im 2. Jahrhundert nach Christus hat Galen erstmals die spinalen Nervenpaare und Hirnnervenpaare beschrieben und die Funktion der Lunge als ein Kühlsystem des Herzens interpretiert. Vesal hat dann 1543 die Nervenversorgung der Lunge detailliert beschrieben. Die funktionelle Bedeutung des Nervensystems für das Asthma bronchiale wurde dann 1681 von Willis erkannt. 1718 misst Juncker dem Asthma bronchiale nervale Ursachen zu. Laennec formulierte dann erstmals 1826 nosologische Konzepte, wobei dem Nervensystem für das Asthma die entscheidende Rolle zuerkannt wurde. Salter hat dann 1860 diese Konzepte in die Asthmadefinition erstmals aufgenommen. Obwohl Winslow 1752 den Sympathicus beschrieben hat, konnte erst 1858 Bernard durch entsprechende Experimente den Wirkmechanismus des Sympathicus und seine Regulationsweise nachweisen. 1901 beschrieb dann Langley den ganglionären Übertragungsmechnismus. 1842 wurde erstmals von Longet der Vagus in Afferenzen und Efferenzen unterteilt und durch Verabreichung von Irritantien eine bronchokonstriktorische Wirkung nachgewiesen. Diese Befunde wurden dann von Bernard bestätigt und in Bezug auf das Asthma bronchiale als eine der wesentlichen Ursachen angesehen. 1873 wurde durch Blackley dann erstmals auf die Auslösung von Atemnotzuständen durch Pollen hingewiesen. 1902 haben dann Portier und Riché den Begriff Anaphylaxie geprägt, der dann von Pirquet 1907 auf allergische Reaktionen übertragen wurde.
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Die Leitsymptome der Entzündung wie Schmerz, Rötung und Schwellung lassen unter klinischen Aspekten keinen Zweifel daran, dass eine Aktivierung des Nervensystems eine notwendige Bedingung für die Entstehung entzündlicher Erkrankungen darstellt. Durch die reichliche Versorgung jeglichen Gewebes mit Nerven, die eine Reihe von Transmittern und Neurotransmittern enthalten und freisetzen, kann diese Symptomatologie erklärt werden. Die Beteiligung des Nervensystems an der Entzündungsreaktion - auch allergischen Entzündungsreaktion - ist heute ohne Zweifel. Es gilt also, einen Zusammenhang zwischen nervaler Regulation und dem zugrundeliegenden pathophysiologischen Prozeß der allergischen Reaktion (immunologische Komponente) und den ortsständigen Zellelementen herzustellen. Sowohl an der Haut als auch an den Schleimhäuten (Atemwege, gesamtes Atemwegssystem) sind hier ortsständig glatte Muskulatur, drüsige Elemente, Gefäße und Epithelien zu berücksichtigen. Unter normalen Bedingungen erfolgt die Regulation im wesentlichen über das Nervensystem. Unter pathophysiologischen Bedingungen ist insbesondere auch unter klinischen Gesichtspunkten ein enger Zusammenhang zwischen nervalen Stimuli und immunologischen Reaktionsweisen anzunehmen. So müssen Fragen der gegenseitigen Beeinflussung zwischen Nervensystem und Immunsystem und vice versa untersucht und diskutiert werden, nicht nur in Bezug auf die weiter oben genannten Targetzellen, sondern auch auf die einzelnen am Immunsystem beteiligten Zellen wie Makrophagen, T-und B-Lymphozyten, Killerzellen, Neutrophile, Eosinophile und Mastzellen. Da das Hauptanliegen dieses Kapitels die neurogene Beeinflussung der allergischen Entzündungsreaktion an den Atemwegen ist, wird dem eigentlichen Thema eine Kurzbetrachtung der normalen Innervation vorangestellt.


Innervation der Atemwege

Generell kann die Innervation der Atemwege in ein "nor"-adrenerges, ein cholinerges und ein nicht adrenerges nicht cholinerges (NANC) System unterteilt werden, wobei das NANC-System in ein exitatorisches (eNANC) und ein inhibitorisches (iNANC) aufgeteilt wird.

Die postganglionären sympathischen Fasern liegen in den paravertebralen Ganglien des Grenzstrangs (insbesondere Ganglion cervikale, Ganglion stellatum sowie die 3 darunterliegenden thorakalen Grenzstrangganglien). Diese Ganglien werden von präganglionären Neuronen aus dem thorakalen Rückenmark innerviert. Als Hauptneurotransmitter sind Noradrenalin, Stickstoffmonoxyd (NO) sowie Vasointestinal Peptide (VIP) und Neuropeptid Y (NPY) anzusehen. Funktionell ist der Sympathikus von untergeordneter Bedeutung, da die Hauptregulation des bronchomotorischen Tonus über den Parasympathikus erfolgt.

Die parasympathischen Ganglien liegen direkt in der Atemwegswand und sind für die Regulation der Atemwegsfunktion von übergeordneter Bedeutung. Die Innervation erfolgt über präganglionäre Neuronen, diese gelangen mit dem Nervus Vagus zu den Atemwegsganglien. Der Hauptmediator wird durch Acetylcholin repräsentiert, ferner spielt die NO-Synthetase eine wichtige Rolle.

Die C-sensiblen Nervenfasern, die dem NANC-System zuzuordnen sind, ziehen mit den parasympathischen Nervenfasern im Nervus Vagus zum Hirnstamm oder mit den sympatischen Nervenfasern zum Rückenmark. Die Schaltstellen liegen im Ganglion jugulare bzw. Ganglion nodosum (Vagusganglien) bzw. in den Spinalganglien. Die C-sensorischen Fasern bewirken jedoch nicht nur eine zentrale Reizübermittlung, sondern können auch lokal proinflammatorisch Neuropeptide wie Substance P; Neurokinin A und CGRP freisetzen. Diese werden durch neutrale Endopeptidase inaktiviert. Insgesamt kann man die Neuropeptide heute als Co-Transmitter der klassisch autonomen Nerven ansehen, die in der Lage sind, als Modulatoren der Neurotransmission wirksam zu werden, so auch im Hinblick auf die Freisetzung klassischer Neurotransmitter und die Expression der autonomen Rezeptoren an den Zielorganen.

Die Neuropeptide VIP sowie die Tachykinine SP, Neurokinin A, CGRP, NPY, PHM (Peptide Histidin Methionin) wirken über NK1-, NK2- und NK3-Rezeptoren, wobei die NK3-Rezeptoren primär im Zentralnervensystem und in den autonomen Ganglien lokalisiert sind und ihre Rolle hier noch unklar ist. Tierexperimentelle Befunde am Meerschweinchen lassen jedoch vermuten, dass Neuropeptide nach Allergenstimulation auch im Ganglion nodosum neu synthetisiert werden und die NK3-Rezeptoren für die Reizübertragung von Bedeutung sind. Hierbei konnte sogar aufgezeigt werden, dass es sich um Neuronen mit Projektion zu den Atemwegen handelt, die offenbar zu einem vermehrten SP-, NKA- und CGRP-Gehalt im Lungengewebe führen.


Neuropeptide und Entzündung

Generell kann heute festgestellt werden, dass die Neuropeptide - immunhistochemisch im gesamten Atemtrakt und in der Haut nachgewiesen - starke Effekte auf den bronchomotorischen Tonus, die Atemwegssekretion und die Gefäße sowie auch auf Entzündungs- und Immunzellen ausüben. Alle diese proinflammatorischen und funktionellen Effekte der Neuropeptide sind mit der allergen-induzierten Entzündung vereinbar. Die ersten wegweisenden Untersuchungen in Bezug auf neurogene Entzündungen wurden von Bruce, Lewis und Jansko durchgeführt, die nachweisen konnten, dass eine neurogene Stimulation eine Entzündung verstärkt. Die Haupteigenschaften der Neuropeptide, die in der Haut, in der Schleimhautmucosa sowie in der Darmmucosa nachzuweisen sind, bestehen in Vasodilatation, Plasmaextravasation sowie Ausschleusung von Entzündungszellen und Auslösung von Schmerz, im Bereich der Atemwege zusätzlich Bronchokonstriktion. Aufgrund dieser Eigenschaften hat Barnes 1986 seine Axonreflextheorie über das Asthma bronchiale aufgestellt.

In den Folgejahren wurden die meisten Untersuchungen in Bezug auf Neuropeptide tierexperimentell erhoben, die jedoch nicht generell auf die Verhältnisse bei Krankheitsbildern oder physiologischen Regulationen beim Menschen übertragen werden können. So sind in diesem Kapitel nur Untersuchungen berücksichtigt, die Hinweise auf die Verstärkung der Entzündungsreaktion durch Neuropeptide am Menschen geben.

In der Nasenmucosa sind eine Vielzahl von Tachykinen wie Substance P (SP), Neurokinin A (NKA), Neuropeptid K (NPK), CGRP, Gastrin Releasing Peptide (GRP) sowie Peptid Histidin Methionin (PHM), Neuropeptid Y (NPY) und Vasointestinal Peptide (VIP) nachgewiesen worden. Diese Peptide werden durch entsprechende Stimulation (Allergenexposition, Infektion, unspezifische Irritation) freigesetzt und führen zu Vasodilatation, Ödem mit Proteinaustritt, Hypersekretion, Kontraktion der glatten Muskulatur sowie Infiltration mit Entzündungszellen. Diese proinflammatorischen Impulse können mit gutem Recht als "neurogene Entzündung" bezeichnet werden (Tab2.). Klinisch stehen diesem pathophysiologischen Befund bei Rhinitis und Asthma bronchiale Hypersekretion, Juckreiz, Niesen, Nasenblockade, Husten und Atemnot gegenüber, so dass durchaus die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Neuropeptide für die Entstehung der Rhinitis und des Asthmas mit verantwortlich sind. Wie bereits erwähnt, werden die Neuropeptide in bestimmten Kombinationen aus den Neuronen freigesetzt, so setzen die sensorischen Fasern CGRP, SP, NKA und GRP frei, während VIP und PHM von parasympathischen Nerven und NPY von sympathischen Nerven freigesetzt werden. Neben den Neuropeptiden allerdings werden andere inflammatorische Mediatoren wie Histamin, Bradykinin, Platelet Activating Factor (PAF) liberiert, so dass der Entzündungsprozeß verstärkt wird, da diese Mediatoren auch als Liberatoren für Neuropeptide anzusehen sind.

Insgesamt muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass in Bezug auf entzündliche Atemwegserkrankungen (allergisch - nicht allergisch) festzuhalten ist, dass die pathophysiologischen Vorgänge bei Asthma und Rhinitis einen sehr komplexen Prozeß darstellen, der nicht nur auf die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und Neuropeptiden beschränkt ist, sondern auch durch andere Faktoren, wie genetische Determination, Zell-Zell-Interaktion durch Interleukine und nicht allergische, pharmakologische und Umweltstimuli unterhalten wird. Zusammengefasst führen alle diese Faktoren zu einer Entzündung. Histologisch kommt es an den Atemwegen zum Epithelverlust mit gleichzeitiger Zellinfiltration mit Makrophagen, Lymphozyten, Mastzellen, eosinophilen Zellen sowie Aktivierung von Endothelzellen. Funktionell endet dies in einer Atemwegshyperreaktivität. Die Frage liegt also nahe, wie groß der Anteil der erwähnten Neuropeptide an dem Entzündungsprozess ist und ob die in der Klinik beobachteten "psychogenen" Einflüsse über Neuropeptide zu erklären sind. 

Da dem allergischen Entzündungsprozess eine immunologisch gut verstandene Reaktion zugrunde liegt, ist darüber hinaus die Frage zu stellen, inwieweit Neuropeptide auf immunkompetente Zellen einen Einfluss nehmen. Das Immunsystem wird heute nicht als autonomes System aufgefasst, sondern als ein integriertes Netzwerk verstanden, das für die Homöostase mitverantwortlich ist. Da Neuropeptide sehr schnell inaktiviert werden, muss als Voraussetzung für ihre Beteiligung am Entzündungsprozess eine sehr enge Beziehung zwischen immunkompetenten Entzündungszellen und Nerven bestehen, um überhaupt am pathophysiologischen Geschehen beteiligt zu sein. So konnte zwischen in CGRP und SP enthaltenen sensorischen Neuronen und Mastzellen eine sehr enge Beziehung festgestellt werden. In anderen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass immunkompetente Zellen mit benachbarten Neuronen kommunizieren und die Immunantwort beeinflussen. In diesen Prozess sind Immunzytokine eingebunden. Auch Entzündungsmediatoren wie PAF und Histamin verstärken die Neuroproliferation und Neurotransmission. So wird das neuroaktive 8,15-di-HETE durch eosinophile Leukozyten und Epithelzellen synthetisiert, freigesetzt und erhöht die Reaktivität nozizeptiver Neuronen auf Entzündungsreize. Interleukine wie IL-1, TNF, Interferon, IL-3 und IL-6 sind ebenfalls an der Immunantwort beteiligt und führen über die Freisetzung von NGF (Nerve Growth Factor) zu einer vermehrten intrazellulären SP-Synthese im Neuron. Interleukin 3 ist von besonderer Bedeutung, da es die Sprossung von sensorischen Nervenfasern mit cholinerger Aktivität stimuliert und damit die neurozellulären Aktivitäten in Hinblick auf VIP und PHM verstärkt. Die entsprechenden Rezeptoren (NK1, NK2 und NK3) sind nicht nur im peripheren Nervensystem, sondern auch am glatten Muskel, an Endothelzellen, Fibroblasten sowie B- und T-Zellen bereits für SP, NKA und NKB nachgewiesen. An Lymphozyten konnten nach Antigenprovokation in der BAL Rezeptoren für SP und VIP gezeigt werden. Diese Untersuchungen machen augenscheinlich, dass Neuropeptide über die Bindung an den Rezeptor von immunkompetenten Zellen einen Einfluss auf das Immunsystem ausüben. Von besonderer Bedeutung für die allergische Entzündungsreaktion sind die Mastzellen. Substance P verstärkt die Degranulation humaner Mastzellen, sowohl in den Atemwegen als auch an der Haut. Auch die entsprechende Zytokinproduktion wird verstärkt durch eine erhöhte Genexpression in den Mastzellen über NK1-Rezeptoren.

Auf diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt zu postulieren, dass Neuropeptide einen Einfluss auf die Immunantwort ausüben und somit an dem Prozess der Entzündung beteiligt sind. Die von Barnes aufgestellte Axonreflextheorie wird damit bestätigt, da durch mechanisch-chemische aber auch antigene Stimulation eine Freisetzung von Neuropeptiden aus Axonkollateralen erfolgt und die Entzündung verstärkt.

Ein weiterer wichtiger Faktor im Zusammenhang mit der neurogenen Entzündung ist die Funktion des abbauenden Enzyms neutrale Endopeptidase (NEP). Die Wirkung freigesetzter Tachykine wird durch NEP sehr schnell aufgehoben. Durch Hemmung der NEP-Aktivität wird eine Steigerung der Entzündungsreaktion erreicht. NEP konnte inzwischen durch immunzytochemische Methoden beim Menschen in den Atemwegen nachgewiesen werden. Es findet sich in der Hauptsache in den Basalzellen des Epithels, im glatten Muskel, in Nerven, submucösen Drüsen und postkapillären venösen Endothelien. Zwischen der NEP-Verteilung in verschiedenen Schleimhautsystemen (Nase, Bronchien) scheint ein deutlicher Unterschied zu bestehen. In der Nasenmucosa ist NEP hauptsächlich in subepithelialen Zellagen, in Zellen dicht neben den submucösen Drüsen und Endothelzellen nachzuweisen, in der Bronchialschleimhaut dagegen im Epithel, in serösen Zellen und submucösen Drüsen sowie im Gefäßendothel. Die Funktion von NEP - neben der Aufrechterhaltung der Homöstase in Bezug auf Neuropeptide - ist noch nicht vollständig geklärt. Da jedoch NEP auch Angiotensin und Bradykinin inaktiviert, scheint es physiologischerweise ein wichtiger Faktor für die Regulation des Gefäßtonus zu sein. In menschlichen Endothelzellkulturen konnte nachgewiesen werden, dass NEP durch die Aktivierung von Proteinkinase C reguliert wird. Durch PG1 und Physphodiesteraseinhibition konnte die NEP-Aktivität heraufreguliert werden.

Studien an Patienten mit Asthma bronchiale und bronchialer Hyperreaktivität zeigten auf, dass zwischen der NEP-Konzentration im Serum und dem Grad der bronchialen Hyperreaktivität (Histaminprovokation) bei Asthmatikern eine deutliche Korrelation besteht. Auch konnte unter Allergeninhalation ein Abfall der Serum-NEP-Konzentration bei allergischen Asthmatikern beobachtet werden.

Arbeiten zur Klärung des Einflusses der Neuropeptide auf die Entzündungsreaktion bei Menschen sind bis heute noch sehr spärlich, jedoch lassen die bisher vorliegenden Befunde vermuten, dass Neuropeptide in der Tat eine Bedeutung für die allergische Entzündungsreaktion besitzen. Dadurch ergeben sich auch für die Zukunft Anhaltspunkte für neue therapeutische Überlegungen.

Das bis heute am besten untersuchte Neuropeptid ist SP. So konnte durch lokale Applikation von SP auf die Nasenmucosa ein Anstieg der nasalen Resistance beobachtet werden. Ähnliche Untersuchungen fanden sich auch in Bezug auf die mucoziliare Clearance. Unter nasaler Antigenstimulation kam es dosisabhängig zu einem Anstieg der SP-Konzentration in der NAL. In der gleichen Untersuchung fiel auch eine signifikante Erhöhung der basalen SP-Konzentration im Vergleich zu Nicht-Allergikern auf. Unter Vorbehandlung mit SP wurde eine Verstärkung der Allergenantwort gesehen. Nach intranasaler Gabe von Capsaicin, das zu einer schnellen und kompletten Entleerung sensorischer Nerven in Bezug auf die Neuropeptide führt, ergab sich eine signifikante Reduktion der Nasendurchblutung und klinisch eine deutliche Verbesserung der Nasenblockade. Auch Histamin und Bradykinin führen zu einer SP-Freisetzung aus sensorischen Nervenfasern. Die Stimulation eines menschlichen Nasenschleimhautkulturmodells mit Substance P führt zu einer deutlichen Histaminfreisetzung aus Mastzellen, die auch zahlenmäßig mit der Freisetzungsintensität korreliert. Okamoto et al. konnten an der menschlichen Masenmucosa nach SP-Inkubation nachweisen, dass es zu einer verstärkten Expression von mRNA für IL-1ß, IL-3, IL-5, IL-6, TNF und Interferon insbesondere bei allergischen Patienten kommt. Diese Effekte wurden durch zusätzliche Allergenprovokation verstärkt und durch SP-Antagonisten unterdrückt. Diese Studien zeigen auf, dass SP in die allergische Entzündungsreaktion eingebunden ist und sowohl Mastzellen als auch immunkompetente Interleukin-produzierende Zellen beeinflußt.

Auch für das Asthma bronchiale ist SP am besten untersucht. Leider stehen bisher nur wenige klinische Studien zur Verfügung, die den Einfluss auf die unteren menschlichen Atemwege belegen. Immunzytochemisch sind SP-haltige Neuronen in dichter Nachbarschaft zu Gefäßen, Drüsen und zu Epithel nachgewiesen worden. Eine Freisetzung wird über Vagusstimulation, Nikotin, Histamin und Bradykinin bewirkt. Mechanische und chemische Stimulationen sensorischer Nervenendigungen in den unteren Atemwegen führen zu einer Freisetzung von SP mit Entstehung von Hypersekretion, Vasodilatation, Austritt von Plasmaproteinen und damit zur akuten Atemwegsobstruktion. Auch beim allergischen Asthma bronchiale ist der SP-Gehalt in der BAL signifikant erhöht, auch ohne entsprechenden Stimulus. Unter Provokationsbedingungen steigt der SP-Gehalt weiter an. Nach Isolierung von Lungenmastzellen aus der BAL konnte gezeigt werden, dass SP zu einer Histaminfreisetzung aus diesen Mastzellen führt. Es darf also angenommen werden, dass SP zu einer Freisetzung von Histamin aus Mucosa-Mastzellen führt. Kardell et al. konnten im Status asthmaticus zeigen, dass die Serumkonzentrationen für VIP erniedrigt und für SP, CGRP und NPY erhöht sind. Hierbei ergab sich eine deutliche Abhängigkeit zur Schwere des Krankheitsbildes und eine Konversion nach erfolgreicher Therapie. Da der Grad der bronchialen Hyperreaktivität (Histaminprovokation) mit der NEP-Konzentration im Serum gut korreliert, kann der therapeutische Effekt durch eine Heraufregulierung der NEP-Synthese durch Therapeutika (Glucocorticosteroide, Xanthinderivate) erklärt werden.

Diese bis jetzt beim Menschen erhobenen Befunde legen sehr nahe, dass die Beteiligung von Neuropeptiden an der allergischen Entzündungsreaktion den tatsächlichen pathophysiologischen Gegebenheiten entspricht und neue Ansatzpunkte für eine gezielte Therapie liefert. Damit wären letztendlich auch die eingangs erwähnten "psychogenen" Einflüsse auf Krankheitsbilder wie die allergische Rhinitis und das Asthma über eine Liberierung von Neuropeptiden erklärt. Bei Streßsituationen ist an Gesunden nachgewiesen, dass sowohl die SP-Freisetzung als auch die ß-Endorphin-Freisetzung ansteigt.


[Literatur auf Anfrage]