Get Adobe Flash player

„2nd international immunotherapy day“

 „2nd international immunotherapy day“
Buenos-Aires, Argentinien
XXI. WAC

von Dr. med. O. Pfaar, Universita?ts-HNO-Klinik Mannheim, Zentrum fu?r Rhinologie und Allergologie Wiesbaden

Am 6. 12.2009 fand im Rahmen des World Allergy Congress (Buenos-Aires [BA], Argentinien) der “2nd international immunotherapy day” statt unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. W. Canonica. Dieser erfolgte im größten Plenarsaal, welcher mit insgesamt mehr als 4000 Teilnehmern komplett gefüllt war. Im Gegensatz zu dem „1st immunotherapy day“, welcher vor 2 Jahren in Bangkok stattfand und sich ausschließlich mit SLIT beschäftigte, gab dieses eintägige Symposium eine generelle Gesamtschau über die IT (also auch SCIT) „state of the art 2010“.

Zunächst gab Prof. H. Nelson (USA) eine Übersicht über die subkutane und sublinguale IT und verglich die beiden Therapieformen: als Resümee seines Referates kann festgehalten werden, dass bei der SCIT a) die effektive Therapiedosis ausreichend definiert ist b) die klinische Wirksamkeit der SCIT höher zu sein scheint als bei der SLIT c) einige Studien die klinische Wirksamkeit auch bei Mischpräparaten herausgestellt haben.
Ein Nachteil der SCIT ist nach Nelson in der Möglichkeit von systemischen Nebenwirkungsreaktionen zu sehen. Ein dementsprechender Vorteil der SLIT liegt im besseren Sicherheitsprofil sowie in der patientenfreundlicheren Anwendung dieser Form der IT. Allerdings ist eine optimale Therapiedosis bislang nur für Gräserpollen- Präparate ausreichend untersucht und belegt. Des Weiteren ist der Therapieerfolg in den bislang durchgeführten Studien geringer als bei der SCIT (Gräserpollenextrakte, erstes Jahr!) und Mischpräparate haben sich in den Studien als nicht erfolgreich erwiesen. Nach einer Studie von Torres-L (CEA 2002) ist der therapeutische Effekt der SLIT signifikant, liegt aber ca. 50% unter dem Therapieeffekt der SCIT. Nach der WHO-Empfehlung liegt die optimale tägliche Therapiedosis bei der SLIT bei Ragweed (4 - 24 ?g), D pter (3.25 – 12 ?g), D far (10 ?g), Gräser (15 – 20 ?g), Katze (11 – 17 ?g), Birke (3.28 – 12 ?g), Alternaria (1.6 ?g).
Nelson benennt klar den Bedarf an zukünftigen Studien zur IT: bei der SCIT müssen mehr Studien zu modifizierten Extrakten (Allergoide, Adjuvanzien) und Schemata (Präsaisonal, Cluster, Rush) durchgeführt werden. Bei der SLIT wird es zunächst wichtig sein, die wirksame Allergendosis zu ermitteln und auch Mischpräparate zu untersuchen. Insbesondere die Anwendbarkeit dieser Therapieform bei Patienten mit moderatem bis schwerem Asthma bronchiale ist auszuwerten. Für beide Therapieformen wird es wichtig sein, die Präparate und Therapieschemata besser zu standardisieren und insbesondere die Extrakte für Tierhaarallergene, Schaben (US, Mittel- und Südamerika!) und Pilze zu optimieren.
Als nächstes gab Prof. Bousquet (Frankreich) eine Übersicht über den derzeitigen Stand aus Sicht des WAO/GALEN- Komitees: zu Anfang seines Referates betonte er, dass sich in den letzten Jahren die globale Beurteilung der SLIT grundlegend geändert habe und ein Paradigmenwechsel der IT eingetreten sei: so sei auf dem WAC 2005 noch diskutiert worden, ob die SLIT überhaupt wirksam ist. Nur zwei Jahre später stand der ‚1st immunotherapy day’ bei dem WAC 2007 in Bangkok unter dem Motto: „Is SLIT the answer“? Auf dem 2nd immunotherapy-day in BA schließlich spreche vieles dafür, dass SLIT „die Zukunft“ sei. Seiner persönlichen Meinung nach gebe es keine besonderen Unterschiede mehr zwischen den beiden Therapieformen der IT. Insgesamt fehle für beide Applikationsformen noch der wirklich evidente Nachweis einer Langzeitprävention. Bezüglich der vorhandenen Evidenz zur SCIT und SLIT betonte er, dass unter seiner Leitung durchgeführte epidemiologische Studien klar gezeigt hätten, dass nur 7% der in Studien eingeschlossenen Patienten tatsächlich den Allergie-Patienten entsprechen würden, die letzen Endes die Präparate in der Routine bekommen würden (‚Study-bias’). Bousquet endet seinen Vortrag mit dem Aufruf an die Industrie, große multizentrische, paneuropäische Studien zu langzeitpräventiven Effekten der SCIT/SLIT auf den Weg zu bringen.

Im nächsten Referat ging Prof. Akdis (Davos, Schweiz) ausführlich auf die immunologischen Grundlagen der SIT ein. Ein frühzeitiger Effekt dieser Therapie liegt in einem Abfall der Basophilen- und Mastzell-Aktivität der Degranulierung. Mittelfristig erfolgt die Toleranzinduktion durch Aktivierung regulatorischer T- Helferzellen und der Suppression von Th2-Zellen. In einer späteren Phase kommt es zu einer Reduktion von pro-inflammatorischen Zellen in der Mucosa der oberen Atemwege.

Als nächster Referent gab der derzeitige EAACI-Präsident Prof. Roy van Wijk (Rotterdam, Niederlande) einen Vortrag zu dem Thema der optimalen Patientenauswahl für die IT. Nach Darstellung von van Wijk sind die publizierten Studien zur SLIT und SCIT mit Milbenpräparaten unbefriedigend und lassen nicht sicher auf eine Wirksamkeit der IT mit diesen Präparaten schließen. Dagegen sind die vorhandenen Studien mit Gräser-(SCIT und SLIT) und Baumpollenextrakten (SCIT) sehr überzeugend. Aus Sicht der Patienten fallen bei Mischpräparaten (mit länderspezifischen Unterschieden) € 176 für die SLIT und € 255 für die SCIT an. Bei Monopräparaten ist dies umgekehrt mit € 72 für die SLIT versus € 55 für die SCIT. Der Referent betont abschließend, dass auch dieser Aspekt einen entscheidenden Einfluss auf die Patienten-Compliance haben kann.

Im letzten Referat des ‚2nd immunotherapy day’ stellte Prof. W. Canonica (Italien) erstmals das aktuelle Positionspapier der WAO zur SLIT vor, an welchem insgesamt über 50 internationale Autoren beteiligt waren. Das 58-seitige Positionspapier stellt verschiedene Aspekt der SLIT wie immunologische Effekte, klinische Wirksamkeit, Sicherheit u.a. ausführlich dar und kann als wichtigste Publikation 2009/2010 unseres Faches gesehen werden. Der nächste „world immunotherapy day“ wird im Rahmen des nächsten WAC 2011 in Cancun, Mexico (4.-8-Dezember 2011) stattfinden.